Die SCNAT arbeitet zu den grossen Umbrüchen unserer Zeit
Wie die SCNAT die Gesellschaft in Zeiten heftiger Umbrüche unterstützt, erzählen Philippe Moreillon (Präsident) und Jürg Pfister (Generalsekretär) im Interview.

Diesen und weitere Artikel finden Sie im Jahresbericht 2024 der SCNAT.
Die Welt ist im Umbruch. Wo hat die SCNAT 2024 wichtige Beiträge geleistet?
Philippe Moreillon: In Umbruchphasen kann die Wissenschaft stabilisierend wirken. Dazu muss sie selbst stabil bleiben. In der Wissenschaft ist 2024 das Spannungsfeld von Sachlichkeit und Aktivismus aufgebrochen. Als SCNAT haben wir untersucht, welche Rollen von Forschenden in der Nachhaltigkeitstransformation produktiv sind. Die Antwort: Je nach Situation ist eine andere Rolle angezeigt, die Basis bleibt stets die Wissenschaftlichkeit.
Jürg Pfister: Wie künftige Landschaften lebenswert bleiben oder aufgewertet werden können, wenn immer mehr Menschen in der Schweiz leben, haben wir am Landschaftskongress thematisiert – zusammen mit Expertinnen und Experten aus Forschung, Praxis und Verwaltung. Einen weiteren Umbruch sehen wir im Bereich Energie. Wie können wir die Erneuerbaren rasch, aber nachhaltig, ausbauen? Wir haben mit vielen Stakeholdern und wissenschaftlich breit abgestützt Kriterien formuliert, wie Freiflächenanlagen Landschaft und Biodiversität möglichst wenig tangieren. Zudem haben wir eine Übersicht zu kritischen Materialien in der Energiewende erstellt.
Wie hilft die SCNAT der Wissenschaft, ihre Rolle in der Gesellschaft wahrzunehmen?
JP: Viele gesellschaftliche Entwicklungen gehen auf Impulse aus Wissenschaft und Technologie zurück. Der Beitrag der SCNAT ist entscheidend: Wir bringen die Wissenschaft zum Wohle der Gesellschaft voran, indem wir die verschiedenen Communities der Wissenschaft zusammenführen und stärken. Ein Beispiel ist die Quantenforschung. Mit der Quantum-Initiative helfen wir im Auftrag des Bundes, ein grosses Forschungsfeld bis hin zur Innovation zu stärken.
PM: Seit 200 Jahren steht die SCNAT ein für Wissen. Wir bereiten es auf, bewerten es ethisch, und diskutieren es breit. Auch bei Kindern und Jugendlichen haben wir Projekte, um sie im Umgang mit Wissen zu schulen. Das immunisiert gegen Fake News.
Welche zentralen Herausforderungen sehen Sie 2025?
PM: Forschung und Entwicklung sind die Ressource, die Energie, der Schweiz. Die öffentliche Hand der Schweiz muss sparen. Aus meiner Sicht sollten wir dies zielgerichteter tun und nicht die Quelle unseres Wohlstandes stutzen. Auch muss die Schweiz ihre Offenheit gegenüber Europa und der Welt bewahren. Für beides setzen wir uns ein.
JP: Als wichtige Akteurin einer evidenzbasierten Politik wollen wir noch näher an den Bedürfnissen von Politik und Gesellschaft handeln. Dazu verbessern wir ständig unseren Politikdialog und haben etwa ein stetes Gefäss für den Austausch mit dem Parlament eingeführt, das Science et Politique à table. Wenn ich an die Krisenberatung denke, wird es wichtig sein, mit den anderen Wissenschaftsorganisationen noch enger zusammenzuarbeiten.
Die SCNAT ist ein breit aufgestelltes Netzwerk. Welche Trouvaille möchten Sie hervorheben?
JP: Das Engagement der ehrenamtlich tätigen Forschenden im SCNAT-Netzwerk und der Geschäftsstelle ist wirklich ausserordentlich. Eine Perle ist SwissCollNet. Da werden naturwissenschaftliche Sammlungen besser zugänglich gemacht. Es ist uns zusammen mit den Museen gelungen, unglaublich viele Menschen zu motivieren. Quasi von null auf hundert ist das Projekt in voller Fahrt.
PM: Seit mehr als hundert Jahren erhebt die Schweiz Daten zur Entwicklung einiger ihrer Gletscher. Diese langen Messreihen helfen uns, den Klimawandel genau zu dokumentieren. Die Resultate werden jedes Jahr in der Schweiz und sogar weltweit breit kommuniziert. Die SCNAT hat zusammen mit engagierten Forschenden einen stabilen Rahmen geschaffen, um derart lange Messreihen zu ermöglichen. Diese Stabilität ist ein grosser Wert der Schweiz!
Marcel Falk
Contact
Dr. Jürg Pfister
SCNAT
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