Schweiz hat bei über 90 Prozent der Handlungsoptionen des Weltbiodiversitätsrates Handlungsbedarf
Die Schweiz hat bei über 90 Prozent der vom Weltbiodiversitätsrat vorgeschlagenen Handlungsoptionen Nachholbedarf, um diese wirksam umzusetzen. Welche Massnahmen in der Schweiz effektiv die Biodiversität schützen können, führt das Forum Biodiversität der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz gemeinsam mit dem Büro «Interface Politikstudien» sowie weiteren Fachleuten in einem Bericht und einem Faktenblatt detailliert auf. Künftig soll die Messlatte für die Biodiversitätspolitik der Zustand der Biodiversität sein, schreiben die Autorinnen und Autoren. Sie sehen die Massnahmenpakete als Grundlage, um diese im Dialog mit den verschiedenen Akteursgruppen zu konkretisieren und umzusetzen.
Der starke Rückgang der Biodiversität weltweit, gerade auch in der Schweiz, beeinträchtigt zunehmend die Lebensgrundlagen des Menschen. Der Weltbiodiversitätsrat IPBES zeigt in seinen Berichten vielfältige Möglichkeiten auf, wie dem Verlust entgegengewirkt und die Leistungen der Natur für die Menschen bewahrt werden können. Fachleute haben nun unter Federführung des Forums Biodiversität Schweiz und «Interface Politikstudien» die Relevanz dieser IPBES-Handlungsoptionen für die Schweiz beurteilt und in einem Bericht umfassende Empfehlungen für acht ausgewählte Sektoren und übergreifende Aspekte formuliert. Eine Synthese des Berichtes liegt als Faktenblatt mit dem Titel «Was die Schweiz für die Biodiversität tun kann» vor.
Im Finanzsektor sind nur wenige der Handlungsoptionen umgesetzt. Wirksam wäre die Weiterentwicklung einer Beurteilungsmethode für Biodiversitäts- und Umweltwirkungen auf alle Unternehmen und Finanzgeschäfte inklusive einer Offenlegungspflicht. Auch ein griffiges Label für nachhaltige Finanzprodukte kann die Biodiversität unterstützen und dem Schweizer Finanzplatz gleichzeitig einen Standortvorteil im wachsenden Geschäft mit nachhaltigen Finanzprodukten bieten.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien und der daraus resultierende Klimaschutz können sich positiv auf die Biodiversität auswirken, wenn dies bei der Planung und der Umsetzung konsequent berücksichtigt wird. Dazu ist es wichtig, die Umweltkosten zu internalisieren und Konflikte zwischen Schutz- und Nutzungsinteressen zu benennen und im Dialog zu minimieren. Solche Zielkonflikte können durch die Förderung von Energieeffizienz und -suffizienz zusätzlich reduziert werden.
In der Landwirtschaft sind bereits viele der Handlungsoptionen zumindest teilweise umgesetzt. Trotz gewisser Erfolge ist die Umsetzung aber noch zu wenig wirksam. Ein Grund für die anhaltenden Biodiversitätsverluste im Landwirtschaftsgebiet sind die vielen biodiversitätsschädigenden Anreize, insbesondere Subventionen. Diese umzugestalten oder abzuschaffen hätte eine grosse Wirkung. Neben Massnahmen direkt in der Landwirtschaft ist auch ein tiefgreifender Wandel entlang der gesamten Wertschöpfungskette und eine Änderung des Konsums nötig, um die Nachhaltigkeit zu fördern.
Eine zentrale Handlungsoption ist die Fläche mit Priorität für die Biodiversität: Um die Verluste zu stoppen, müssten rund 30 Prozent der Landesfläche als Vorrangflächen ausgewiesen und in Richtplänen und Nutzungsplanungen abgesichert werden. Die Schweiz ist aktuell erst bei rund der Hälfte.
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Jodok Guntern
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