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Starke Gletscherschmelze trotz viel Schnee in der Höhe

Nach den Extremjahren 2022 und 2023 ist keine Entspannung für die Schweizer Gletscher in Sicht: Trotz aussergewöhnlich grosser Schneemengen im Winter führten teils rekordhohe Temperaturen im Juli und August, kombiniert mit Saharastaub, zu einem Verlust von 2,5 Prozent des Gletschervolumens. Das berichtet die Schweizerische Kommission für Kryosphärenbeobachtung der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz am Dienstag.

In mehreren Schüben gelangten im Winter und Frühling 2024 grosse Mengen an Saharastaub in die Schweiz. Der Staub sammelte sich auf der Schnee- und Gletscheroberfläche an, was dazu führte, dass die Sonnenstrahlung über den Sommer stärker absorbiert wurde. Dies beschleunigte die Schmelze deutlich.
Bild: Matthias Huss

Das Gletscher-Jahr 2024 ist von starken Gegensätzen geprägt: Bis in den Juni herrschten für die Schweizer Gletscher ausserordentlich günstige Bedingungen dank 30 Prozent mehr Winterschnee als im Mittel und einem regnerischen Frühsommer. Der Saharastaub, der die Schnee-Oberfläche färbte, beschleunigte die Schmelze jedoch, und der August verzeichnete gar den grössten Eisverlust seit Messbeginn. Insgesamt schmolzen auch 2024 die Gletscher markant, wie Daten des Schweizer Gletschermessnetzes (GLAMOS) zeigen.

Der Rückgang der Gletscherzungen und ihr Zerfall gehen im Zuge des Klimawandels unvermindert weiter. In den Vorjahren 2022 und 2023 verschwanden insgesamt 10 Prozent des Schweizer Gletschervolumens, so viel wie nie zuvor. Auch der diesjährige Verlust von rund 2,5 Prozent liegt über dem Mittelwert des letzten Jahrzehnts. Die grossen Winter-Schneemengen konnten den Eisverlust zwar bremsen, aber nicht stoppen. Zum Beispiel wurden auf dem Claridenfirn (GL) Mitte Mai noch 6 Meter Schnee gemessen, der bis in den September komplett verschwand. Gletscher unterhalb 3000 m.ü.M. aperten wiederum komplett aus und wiesen Verluste von bis zu 2 Metern Eisdicke auf (z.B. Glacier du Giétro VS, Glacier de la Plaine Morte BE, Silvrettagletscher GR). Für Gletscher mit Südeinfluss fiel der Verlust dank sehr viel Schnee im Winter etwas weniger stark aus (z.B. Ghiacciaio del Basòdino TI).

In der Höhe so viel Schnee wie selten

Der Winter 2023/2024 war beidseits der Alpen durch einen Kontrast zwischen Berg und Tal geprägt: Unterhalb 1400 m.ü.M. waren die Schneehöhen klar unterdurchschnittlich, oberhalb 2200 m.ü.M. stark überdurchschnittlich. Verantwortlich dafür waren grosse Niederschlagsmengen bei relativ hohen Temperaturen während des ganzen Winterhalbjahres. Die mittleren Schneehöhen zwischen November und Mai gehören in der Höhe zu den höchsten seit Messbeginn (z.B. Rang 6 in der bald 90-jährigen Messreihe auf dem Weissfluhjoch GR).

Aufgrund der sehr hohen Juli- und Augusttemperaturen verschwanden die Schneemengen schnell. Auf dem Jungfraujoch war der August sogar wärmer als in den Hitzesommern 2003 und 2022. Die Ablagerung von Saharastaub im Winterhalbjahr beschleunigte die Schneeschmelze zusätzlich, weil dadurch der Schnee mehr Sonnenenergie absorbierte. Zudem fiel zwischen Mitte Juni und Mitte September auch auf 3000 m.ü.M. kaum Schnee. Dies ist im langjährigen Vergleich aussergewöhnlich, trat in den letzten Jahren aber immer häufiger auf.

Detaillierter Bericht zu den GLAMOS-Messungen

  • Vergleich des Eisverlustes in den Jahren 2022, 2023 und 2024 am Konkordiaplatz, Grosser Aletschgletscher (VS), sowie mit dem Mittelwert der Messungen zwischen 1953 und 1983.
  • Glaziologen suchen einen Weg durch das Spaltenlabyrinth des Grossen Aletschgletschers (VS).
  • Glaziologen bohren eine Messstange auf dem Griesgletscher (VS) nach. Ein Netzwerk von Pegeln wie rechts im Bild erlaubt die Bestimmung des Verlustes auf der ganzen Gletscherfläche.
  • Der Zerfall des Griesgletschers (VS) wird jedes Jahr offensichtlicher: In Gletscherspalten trifft man immer wieder auf Fels, was auf eine sehr geringe Eisdicke hindeutet.
  • Über die frisch verschneite Zunge des Findelgletschers (VS) steigt ein Mess-Team zum Gletschervorfeld mit Seen ab, das vor einem Jahrzehnt noch von dicken Eismassen bedeckt war.
  • Durch Gletschermühlen wie hier auf dem Findelgletscher (VS) gelangt das Schmelzwasser von der Oberfläche ans Gletscherbett.
  • Durch den schnellen Gletscherrückgang entstehen Abflusskanäle unter dem Eis wie hier am Rhonegletscher (VS).
  • Im Kontakt mit dem neuen proglazialen See zieht sich der Rhonegletscher (VS) schnell zurück. Gut zu erkennen ist ein runder Einsturztrichter, der sich im Jahr 2023 gebildet hat und nun Teil des Sees geworden ist.
  • Das Verschwinden des ikonischen Eisgrats zum Piz Murtèl, gesehen von der Bergstation des Piz Corvatsch (GR), zeigt die Veränderungen im Hochgebirge eindrücklich.
  • Die Zunge des Vadret da Morteratsch hat sich im Jahr 2024 stark zurückgezogen. Aus einem sanften Gletscherende wurde eine 20 Meter hohe Eiswand mit einem Gletschertor.
  • Vergleich des Eisverlustes in den Jahren 2022, 2023 und 2024 am Konkordiaplatz, Grosser Aletschgletscher (VS), sowie mit dem Mittelwert der Messungen zwischen 1953 und 1983.Bild: Matthias Huss1/10
  • Glaziologen suchen einen Weg durch das Spaltenlabyrinth des Grossen Aletschgletschers (VS).Bild: Matthias Huss2/10
  • Glaziologen bohren eine Messstange auf dem Griesgletscher (VS) nach. Ein Netzwerk von Pegeln wie rechts im Bild erlaubt die Bestimmung des Verlustes auf der ganzen Gletscherfläche.Bild: Matthias Huss3/10
  • Der Zerfall des Griesgletschers (VS) wird jedes Jahr offensichtlicher: In Gletscherspalten trifft man immer wieder auf Fels, was auf eine sehr geringe Eisdicke hindeutet.Bild: Matthias Huss4/10
  • Über die frisch verschneite Zunge des Findelgletschers (VS) steigt ein Mess-Team zum Gletschervorfeld mit Seen ab, das vor einem Jahrzehnt noch von dicken Eismassen bedeckt war.Bild: Matthias Huss5/10
  • Durch Gletschermühlen wie hier auf dem Findelgletscher (VS) gelangt das Schmelzwasser von der Oberfläche ans Gletscherbett.Bild: Matthias Huss6/10
  • Durch den schnellen Gletscherrückgang entstehen Abflusskanäle unter dem Eis wie hier am Rhonegletscher (VS).Bild: Matthias Huss7/10
  • Im Kontakt mit dem neuen proglazialen See zieht sich der Rhonegletscher (VS) schnell zurück. Gut zu erkennen ist ein runder Einsturztrichter, der sich im Jahr 2023 gebildet hat und nun Teil des Sees geworden ist.Bild: Matthias Huss8/10
  • Das Verschwinden des ikonischen Eisgrats zum Piz Murtèl, gesehen von der Bergstation des Piz Corvatsch (GR), zeigt die Veränderungen im Hochgebirge eindrücklich.Bild: Matthias Huss9/10
  • Die Zunge des Vadret da Morteratsch hat sich im Jahr 2024 stark zurückgezogen. Aus einem sanften Gletscherende wurde eine 20 Meter hohe Eiswand mit einem Gletschertor.Bild: Matthias Huss10/10

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