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Bild: Sebastian, stock.adobe.com

André Aeschlimann (1929-2016)

Ein Besuch bei André Aeschlimann und seiner Familie in Rochefort war wie eine Heimkehr in eine fremde Welt. Man fühlte sich aufgenommen in den alten Gemäuern des ehemaligen Bauernhauses, war sogleich mehr Freund als Gast. Der wunderbare Erzähler Aeschlimann sass in einem Sessel im Arbeitszimmer und redete in einem Atemzug über allgemeine Naturgeschichte Buffons, über die Afrika-Reisen des französischen Philosophen Michel Leiris oder die kunstvoll gefertigten Masken der westafrikanischen Dan, die überall an den Wänden hingen. In seinem intellektuellen Universum hatte alles Platz, nichts schien unwichtig, er wechselte spielerisch von der Wissenschaft zur Kultur und wieder zurück, weil die beiden Themen auch in seiner Biographie lediglich vom Zufall getrennt wurden.

André und Lily Aeschlimann in Rochefort
Bild: Stéphane Kleeb, 2016

Aeschlimann kam mit 20 Jahren aus Westschweiz nach Basel zu studieren. Er tauchte ein in das kulturelle Leben der Stadt, spielte Theater und mit dem Gedanken, am Konservatorium Geige zu studieren. Die Begegnung mit Rudolf Geigy, dem Direktor des Schweizerischen Tropeninstituts, sollte seine Karriere nachhaltig prägen. Aeschlimann studierte Biologie und doktorierte bei Geigy über die Lederzecke (ornithodorus moubata), die Überträgerin des afrikanischen Rückfallfiebers. Er und seine Frau Lily zögerten keinen Moment, als ihnen Geigy 1959 anbot, die Leitung des Centre Suisse de Recherches Scientifiques (CSRS) in der Côte d’Ivoire zu übernehmen. Die Liebe zum westafrikanischen Land und die Überzeugung, dass wissenschaftliche Forschung nur dann auf fruchtbaren Boden fällt, wenn sie gemeinsam zwischen schweizerischen und afrikanischen Forschern betrieben wurde, sollte ihn zeitlebens nicht mehr verlassen.

Zurück in der Schweiz erklomm Aeschlimann eine steile Karriereleiter. Er wurde zum Professor für Parasitologie zuerst in Fribourg, dann in Neuchâtel ernannt. Als Präsident der Kommission des CSRS setzte er sich für den Erhalt der Station und für eine verstärkte Forschungspartnerschaft zwischen der Schweiz und den Ländern des Südens ein. Als Präsident der Akademie der Naturwissenschaften und des Forschungsrates des Schweizerischen Nationalfonds prägte er die Schweizer Wissenschaftspolitik. Die Akademie öffnete der exzellente Kommunikator nach allen Seiten. Mit ihm entwickelte die Akademie ihre Kontakte zu Politik und Medien und damit ihre Öffentlichkeitsarbeit. Erstmals nahm die Akademie mit Luc Tissot einen Vertreter der Wirtschaft in ihren Ausschuss auf.

Auch das wissenschaftliche Netz knüpfte Aeschlimann weiter. Er stärkte die Zusammenarbeit mit den technischen und den medizinischen Wissenschaften, gründete die erste interakademische Kommission zur Polarforschung und brachte sich stark beim «International Council for Science» (ICSU) ein. In der Überzeugung, dass die Wissenschaft nicht bereit ist für eine transdisziplinäre Umweltforschung, setzte er sich mit der Akademie für die Gründung der sanu in Biel ein, welche Kompetenzen in nachhaltiger Entwicklung vermittelt.

Sein Engagement für Forschungspartnerschaften mit Entwicklungsländern blieb ungebrochen. Mit Aeschlimann begann die Akademie mit der Direktion für Entwicklungszusammenarbeit Beziehungen zu knüpfen, welche später zur Gründung der KFPE führten. Aeschlimann wurde mit zahlreichen Ehrungen bedacht. Die Universitäten von Rennes und Aix-Marseille II verliehen ihm die Ehrendoktorwürde, die Akademie ernannte ihn zum Ehrenmitglied. Dabei legte er eine Bescheidenheit an den Tag, die nur denen vergönnt ist, die alles erreicht haben.

Am 4.3.2016 ist André Aeschlimann im Alter von 86 Jahren gestorben. Sein Einsatz für die wissenschaftliche Forschung in Afrika und insbesondere das CSRS, seine intellektuelle Neugier, sein Humor und die Fähigkeit, über den Tellerrand seines eigenen Fachgebiets zu blicken werden uns stets ein Vorbild sein.

Lukas Meier / Marcel Falk

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