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Robert Pollice - Was die Welt zusammenhält

Schon als Teenager heimste er Medaillen bei internationalen Chemie-Olympiaden ein. Jetzt kommt mit dem Prix Schläfli in Chemie eine weitere Auszeichnung dazu: Robert Pollice erhält sie für seine Erforschung von Materialeigenschaften, die beispielsweise in der Nanomedizin wichtig sind.

Robert Pollice, Prix Schläfli 2020

Wenn man mit Robert Pollice spricht, fühlt man sich unweigerlich an Goethes «Faust» erinnert: In seiner Doktorarbeit sei es darum gegangen zu erforschen, «was die Welt zusammenhält», erklärt der junge Chemiker. Das mag hochtrabend tönen, ist aber nicht zu hoch gegriffen. Pollice schaute sich für seine Dissertation die so genannten London-Kräfte genauer an. Diese sind allgegenwärtig. Sie sorgen gerade bei grossen Molekülen dafür, dass sie zusammenhalten und stabile Materialien bilden. «Im Prinzip wollten wir herausfinden, wie man diese Kräfte verstärken kann», so Pollice. Er konzentrierte sich auf die Untersuchung der grundlegenden Wechselwirkungen in Perfluoralkanen und welche Rolle die London-Kräfte dabei spielen. Eines der häufigsten Perfluoralkane ist Teflon, das bei antihaftbeschichteten Bratpfannen verwendet wird. Trotz gesundheitlicher Risiken und einer schlechten Umweltbilanz sind Perfluoralkane mangels Alternativen weit verbreitet. «Unsere Erkenntnisse sind also der erste Schritt zur Entwicklung neuer Materialien mit ähnlichen Eigenschaften, aber ohne die negativen Nebenwirkungen», sagt Pollice. Mögliche Anwendungen sieht er etwa auch in der Medizin, beispielsweise bei Nanokapseln.

Aufgewachsen sind Pollice und seine beiden älteren Brüder in einer Lehrerfamilie in Niederösterreich. Mathematik und Naturwissenschaften interessierten ihn schon immer. Aber dass es ihn in die Chemie verschlagen hat, ist seiner Lehrerin zu verdanken. Sie motivierte ihn, an den Chemieolympiaden teilzunehmen. 2009 und 2010 vertrat er die Alpenrepublik bei der internationalen Ausgabe, wo er jeweils unter den 15 besten rangierte. «Das war eine extrem gute Erfahrung», erzählt der 28-Jährige. Also entschied er sich fürs Chemiestudium an der Technischen Universität Wien. Dieses schloss er mit Auszeichnung ab, fürs Doktorat standen ihm viele Möglichkeiten offen. Seine Wahl fiel auf die ETH – nicht zuletzt wegen des guten Rufs und der guten Ausstattung der Hochschule. «Am wichtigsten war es mir aber, viel Neues zu lernen– und das schien mir in Zürich am meisten gegeben.»

Auch wenn einige Erfolge seine bisherige Laufbahn begleitet haben, bedeutet ihm der Prix Schläfli «sehr viel», wie er betont. «Das ist der beste Preis bisher.» Besonders freut sich der Chemiker, der zurzeit in Toronto an organischen Materialien für LED-Displays forscht, auf die Vortragstour und aufs Wiedersehen mit seinem Professor – wenn die Corona-Pandemie es denn erlaubt. «Die Wissenschaft einem breiteren Publikum zu vermitteln ist etwas ganz Grosses», sagt er. In der Vergangenheit habe man in der Wissenschaft zu wenig darüber nachgedacht, wie man die Menschen erreicht. «Aber die Coronakrise zeigt: Wenn Expertinnen und Experten notwendige Massnahmen einfach erklären können, dann funktioniert es.» Deshalb sei die Pandemie auch eine Chance für die Wissenschaft.

Aber natürlich wünscht sich auch Robert Pollice, dass es bald ausgestanden ist. Der Real-Madrid-Fan vermisst das Fussballspielen und Schwimmen.

Seine Zukunft sieht Pollice auf jeden Fall in der Wissenschaft: «Nach Abschluss meines Postdocs in Toronto, würde ich gerne weiterhin an einer Uni forschen, in Nordamerika oder Europa.» An seinem Forschungsgebiet sollte es zumindest nicht scheitern: Was die Welt im Innersten zusammenhält, sind Kräfte, die überall wirken.

Astrid Tomczak-Plewka

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