Verbote bei fossilen Brenn- und Treibstoffen längerfristig kaum vermeidbar
Der Gegenentwurf des Bundesrates zur «Gletscher-Initiative» setzt wichtige Leitplanken für den Weg der Schweiz in Richtung Klimaneutralität. Die Vorgaben genügen aber laut den Akademien der Wissenschaften Schweiz noch nicht. So enthält der Entwurf zwar einen linearen Absenkpfad für den Ausstoss von Treibhausgasen bis 2050. Ein weitgehendes Verbot fossiler Brenn- und Treibstoffe schlägt der Bundesrat im Gegensatz zur Initiative nicht vor. Der Ausstieg aus fossilen Energien sei längerfristig aber kaum vermeidbar, wolle die Schweiz die Treibhausgasemissionen wirklich auf Netto Null senken, schreiben die Forschenden.
Die Akademien weisen in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass die letzten 10 bis 20 Prozent der Emissionsreduktion die schwierigsten sind. Es reiche nicht, eine Klimapolitik, die eine Reduktion der Treibhausgas-Emissionen um 80 oder 90 Prozent anstrebe, einfach etwas zu verlängern, schreiben die Forschenden. Eine echte Netto-Null-Politik müsse z.B. die Innovationsförderung auf die am schwierigsten zu vermeidenden Emissionen fokussieren, etwa im Luftverkehr oder der Zementindustrie. Zudem brauche es die weitgehende «Vermeidung» des Einsatzes fossiler Brenn- und Treibstoffe und nicht nur eine «Verminderung» - mit nur wenigen Ausnahmen für Anwendungen, bei denen Brenn- und Treibstoffe aus technischen Gründen kaum zu ersetzen sind.
Da die ganze Welt Netto-Null erreichen müsse, werden Zertifikate für Emissionsreduktionen an Bedeutung verlieren. Umgekehrt könnten internationale Zertifikate für Treibhausgassenken wichtiger werden. Die Forschenden begrüssen deshalb den Vorschlag des Bundesrates, sich am internationalen Markt solcher Senken zu beteiligen. Gleichzeitig warnen die Expertinnen und Experten, sich zu stark auf mögliche Senken abzustützen. Für biologische Senken wie z.B. Aufforstungen, die Treibhausgase aus der Luft entfernen, wie auch für geologische Speicherung gebe es in der Schweiz nur ein beschränktes Potenzial. Die Entwicklung technischer Senken stecke zudem in den Kinderschuhen und diese seien sehr teuer. Die Klimapolitik soll deshalb auf die Absenkung der Treibhausgasemissionen fokussieren und mögliche Senken zwar weiterentwickeln, aber nur als «Ultima ratio» für unerlässliche Emissionen vorsehen. Der Bundesrat solle dies im Gegenvorschlag ausdrücklich festhalten, empfehlen die Forschenden.
Sowohl Initiative wie Gegenvorschlag betonen zu Recht, dass die Klimapolitik die Volkswirtschaft stärken müsse, sozialverträglich zu gestalten sei und die Berg- und Randgebiete besonders berücksichtigen soll. Die Akademien schlagen jedoch vor, zusätzlich einen Fokus auf die Versorgungssicherheit und die Verträglichkeit mit anderen Nachhaltigkeits- und Schutzzielen zu legen.
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Dr. Urs Neu
SCNAT
ProClim − Forum für Klima und globalen Wandel (ProClim)
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